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Ey, Seneszenz, Alter!

DNA-Schäden führen dazu dass unsere Zellen entweder sterben oder mutieren und dann Krebs auslösen. Habt ihr geglaubt. Hab ich auch das Studium über geglaubt. Etwas unbekannter ist, das unsere Zellen auch zu Schläferzellen (Oh hai, NSA!) werden können – die aber nie mehr aufwachen (außer man manipuliert daran rum). Diesen Vorgang nennt man zelluläre Seneszenz.

Nach starken DNA-Schäden werden Zellen mitunter seneszent. Weshalb sie nicht sterben sondern seneszent werden weiß man noch nicht so genau. Vielleicht liegt es an der Menge von Schaden, an der Art oder an etwas ganz anderem. Fakt ist: Zellen werden seneszent und sie verbleiben bei uns im Körper für eine ganze Weile. Seneszente Zellen sind viel größer als normale Zellen, sie leben aber teilen sich nicht, auch wenn sie von außen dazu angeregt werden. Sie produzieren einen bestimmten Cocktail an Botenstoffen, den man Seneszenz-Assoziierten Sekretorischen Phänotyp nennt. Sie zeigen auch eine erhöhte Aktivität der Lysosomen, der zelleigenen Müllhalden, die Proteine in ihre Einzelteile zerlegen. Dann wickeln sie Teile ihrer DNA noch sehr stark auf, so dass sie zu Heterochromatin wird. Sehr eng aufgedrillte DNA geht mit einer Unterdrückung der Gen-Ablese-Aktivität einher, also der Transkription, es werden also einige Proteine nicht mehr produziert. Wie als sei der Bauplan einer zu bestimmten Dingen plötzlich unzugänglich. Man geht davon aus, dass die seneszenten Zellen so die Produktion der Proteine verhindern die zur Zellteilung führen würden.

Das Ganze hat Vor- und Nachteile.

Die Vorteile liegen erstmal darin dass eine seneszente Zelle die Integrität des Gewebes um sie herum unterstützt. Sie fehlt nicht einfach und muss ersetzt werden. Sie signalisieren auch dass dort wo sie sind gerade ein Problem ist und locken so Immunzellen an. Aber der programmierte Zelltod ist ein sehr durchdachter Prozess und gestorbene Zellen können sehr einfach ersetzt werden. Seneszente Zellen produzieren Botenstoffe, die auf eine Entzündung hinweisen. Dazu gehören zum Beispiel Tumor-Nekrose-Faktor Alpha und Interleukin-6. Beide dieser Faktoren können andere, gesunde Zellen ebenso seneszent machen. Das wäre gut, wenn ein gesamtes Gewebe DNA-Schaden ausgesetzt war und so die Seneszenz auf andere Zellen überspringt, die diesen vielleicht nicht bemerkt oder falsch repariert haben. Quasi eine Art Sammelstrafe. Das könnte einer der Gründe sein, weswegen man seneszente Zellen häufig in gutartigem Hautkrebs findet.

Sie können aber auch zu anhaltenden Entzündungsreaktionen führen. Entzündungen im Körper sind auf Dauer immer schlecht. Sie können zu allem möglichen führen: Vaskuläre Erkrankungen wie Atherosklerose sind im Grunde Entzündungsreaktionen. Auch Krebskrankheiten werden durch unkontrollierte Entzündungsprozesse gefördert. Und ja, das widerspricht sich mit dem was ich oben gesagt habe!

Man hat die zelluläre Sensezenz bereits vor über 50 Jahren entdeckt. Damals glaubte man noch, es sei ein Effekt der nur im Labor zu sehen sei, nämlich wenn man Zellen aus Patientenproben in einer Petrischale aussäte und diese Zellen nach einiger Zeit das Wachstum einstellten. Das Problem war schnell erkannt: Die Telomere, die Enden der DNA, wurden zu kurz und wurden von den Zellen plötzlich als DNA-Schaden erkannt. Da die Telomere bei jeder Zellteilung etwas kürzer werden sind unsere Zellen also in der Anzahl ihrer Zellteilungen limitiert (allerdings sind sie für ein Menschenleben absolut ausreichend – euch gehen nicht einfach die Telomere aus). Das ist gut so, denn so können Zellen die sich zu schnell oder zu oft teilen (die Vorläufer von Krebszellen) gestoppt werden. Auch über die Zeit akquirierte Mutationen können nicht unendlich oft weitergegeben werden.

Dass seneszente Zellen auch ganz normal im Körper vorkommen und dass sie auch anders entstehen können, weiß man noch nicht so lange. Aber man vermutet, dass die Entzündungsreaktionen die sie verursachen einer der Gründe sind, weshalb wir altern. Seneszente Zellen akkumulieren im Alter immer mehr. In jungen Menschen sind sie quasi nicht zu finden. Das liegt wahrscheinlich daran, dass seneszente Zellen normalerweise irgendwann vom Immunsystem abgebaut werden und dies in älteren Menschen nicht mehr so gut funktioniert.

Alterung werden viele von uns als normal erachten. Man wächst heran, wird geschlechtsreif, vermehrt sich, altert und stirbt. Aber Alterung ist eben auch nur ein physiologischer Prozess, der uns allerdings krank macht. Wäre es nicht besser die Alterung an sich zu unterbinden, wo sie doch so viele Probleme bereitet? Wenn wir zeit-alt würden, aber eben nicht körper-alt?

Die Evolution sortiert nun mal eben nicht nach dem „Fittesten“ aus sondern nach dem, der die meisten Nachkommen hat. Dazu muss man nur während der Geschlechtsreife und ein paar Jahre danach gesund sein. Alles weitere interessiert die Evolution nicht großartig. Das nennt man dann antagonistische Pleiotropie, bei der Prozesse die für das die Gesundheit in der Jugend wichtig sind im Alter eher schaden können.

Und tatsächlich, es gibt ein paar Studien bei der man künstlich seneszente Zellen im Modell entfernte und siehe da, die Mäuse wurden gesünder zeit-alt, starben jedoch nicht später als ihre Kollegen mit seneszenten Zellen.

Who wants to live forever?

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Source: 1ife5cience


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